Seit ca.
drei Wochen wird JonDonym im Iran blockiert. Verbindungen zu den Mix-Kaskaden
und Infoservices werden anhand der IP-Adresse blockiert. Außerdem werden
scheinbar die verschlüsselten Verbindungen über Anti-Zensur-Proxys und
-Forwarder duch Deep Packet Inspection als suspekt klassifiziert und stark
verlangsamt, bieten aber eine Möglichkeit, die Blockade zu umgehen.
Auf dem
Chaos Communication Congress 28C3 wurde von J. Appelbaum und R. Dingledine eine
Analyse der gegen Tor eingesetzten Blockadememchanismen vorgestellt: How governments
have tried to block Tor. Da uns keine Kooperationspartner im Iran zur
Verfügung stehen, werden wir die wissenschaftliche Analyse von TorProject.org
nutzen, um kurzfristig verbesserte Anti-Zensurtechniken zu entwickeln, die auch
wieder die Nutzung der volle Geschwindigkeit der Premium-Dienste ermöglichen
werden.
Update: Wir stellen
in unserer Online-Hilfe Tutorials bereit, wie man die Sperrung von JonDonym
umgehen kann. Man kann einen Proxy mit JonDo
nutzen oder (wenn kein Proxy funktioniert) den Anti-Zensur Forwarder
verwenden.
Politischer Hintergrund
Israelische
und US-Geheimdienste sind seit 2006 intensiv mit verdeckten Operationen im Iran
aktiv. Der US-Senat hat seit 2008 mehr als 400 Mio. Dollar für verdeckte Operationen
bereit gestellt. Bei verschiedenen Anschlägen wurden u.a. mehrere für den Iran
bedeutende Wissenschaftler getötet:
Im
Cyberspace tobt seit längerem ein offener Kampf, von dem nur die Spitze des Eisberges
bekannt wird. Die USA haben vermutlich in Kooperation mit Israel iranische
Anlagen mit dem Stuxnet
Virus angegriffen. Eine iranische Cyber Warface Group konnte eine Spionage Drohne RQ-170
Sentinel übernehmen und auf iranischem Gebiet landen lassen. In diesem
Zusammenhang ist möglicherweise interessant, dass die amerikanische Bodenstation
mit einem Virus zu kämpfen hatte. In diesem Kontext sind die Maßnahmen der
iranischen Regierung nicht nur als Einschränkung der Meinungsfreiheit zu sehen
(wie in Kuba oder China) sondern auch als Teil einer nationalen Verteidigungsstrategie.
(Wir wollen die Maßnahmen des Iran nicht legitimieren, machen uns aber auch
über politische Hintergründe Gedanken.)
Andere
Länder diskutieren Einschränkungen der Freiheit im Internet mit wesentlich
harmloseren Gründen:
Die aktuelle Entwicklung
In den
letzten Wochen eskaliert der Konflikt in Nahost. Als Antwort auf weitere
Sanktionen droht der Iran mit der Sperrung des wichtigen Schifffahrtsweges Straße
von Hormous, durch die 40% der Öllieferungen in westliche Industriestaaten kommen.
Die USA drohen daraufhin mit militärischen Gegenmaßnahmen.
Unter der
Überschrift Time
to Attack Iran publiziert der Council on Foreign Relations (CFR)
eine Argumentation für einen baldigen Angriff auf den Iran. Der Autor Matthew
Kroenig ist kein Nobody, er ist Assistenzprofessor an der Georgetown
Universität, Berater des CFR im Bereich nuklearer Sicherheit und bis Juli 2011
war er spezieller Berater im Büro des US-Verteidigungsministers. Das dieser
Angriff aufgrund der Interessen Russlands und Chinas zu einer globalen
militärischen Auseinandersetzung werden könnte, ist für Kroenig das kleiner
Übel.
Der Konflikt
mit dem Iran kann nicht auf das Nuklearprogramm reduziert werden. Iran hat (im
Gegensatz zu Israel) den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet, erlaubt der
Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Inspektionen seiner Anlagen und hat
völkerrechtlich das Recht auf eine zivile Nutzung der Atomenergie. Bereits in
den 1950er Jahren wehrte sich der Iran gegen die Dominanzansprüche des Westens
bei Frage der Ausbeutung der eigenen Ölvorkommen. Dieser Konflikt eskalierte
Jahr für Jahr, fand einen traurigen Höhepunkt in dem achtjährigen Krieg mit dem
Irak. In diesem Krieg wurde der Irak vom Westen massiv mit Waffenlieferungen
unterstützt. Deutschland lieferte beispielweise Anlagen zur Herstellung von
Giftgas. Diese geschichtlichen Entwicklungen sollte man bei Bewertung der
aktuellen Entwicklung nicht vernachlässigen.